Temporeich und modern inszeniert

Steppenwolf_Inszenierung1.JPG

Ein-Mann-Theater spielt den Steppenwolf am Hoptbühl-Gymnasium

Knapp dreihundert Seiten Hermann Hesse, ein Schauspieler und rund eine Stunde Zeit. Das waren am vergangenen Montag die Zutaten für ein äußerst gelungenes Gastspiel des THEATERmobileSPIELE. In einer nichtöffentlichen Veranstaltung für das Hoptbühl-Gymnasium wurde Hesses Der Steppenwolf gegeben.

Im Zentrum von Hesses Welterfolg steht der Protagonist Harry Haller, der eine gespaltene Existenz zwischen Mensch und Wolf führt und im Laufe der Handlung beginnt, das wahre Menschsein zu entdecken. Angestoßen wird diese Wandlung Hallers durch ein Traktat, das ihm von außen zugesteckt wird und in dem ihm eine Lösung aus seiner Krise aufgezeigt wird. Auch treten mehrere Personen in sein Leben und lenken es in eine neue Richtung: die mysteriöse Hermine, Maria, die Hallers Geliebte wird, sowie der Saxophonspieler Pablo.

Die Bühne ist ein Dreieck, das nur wenig Platz bietet; genug aber allemal, um immer wieder überraschende Räume zu schaffen: Das Zimmer des Protagonisten, eine Kneipe, in der er sich betrinkt oder das Magische Theater, in dem am Ende verschiedene Facetten seines Seins ausprobiert.

Das Spiel braucht nur wenige Requisiten. Diese allerdings sind symbolisch aufgeladen. Zu Beginn etwa schält sich Haller aus einem Wolfspelz und nimmt Witterung auf. Später hängt derselbe Pelz an einem Garderobenhaken und betont die Weiblichkeit Hermines. Oder ein einfacher Topf mit Blumen, der das Bürgerliche darstellt: Diesen verachtet Haller in einer Sekunde, um ihn an anderer Stelle fasziniert zu betrachten.

In personam ist nur Haller auf der Bühne. Da sind aber immer wieder auch die anderen. Der fiktive Herausgeber des gesamten Stücks kommentiert Haller Tun als Videoprojektion, auf einem Bildschirm, der immer wieder seinen Platz wechselt, tauchen die Köpfe der anderen Figuren auf. Der Clou: Alle werden von nur dem Schauspieler Julian W. König gespielt, was zu Spiegelungen, Überschneidungen und Kontrastierungen der Figuren führt. Auch die Kulissen spielen mit. Gegen Ende reißt Haller, mittlerweile im Magischen Theater angekommen, die Wände auf und legt Spiegel frei, in denen die Facetten seiner Person - und auch die Zuschauer - sich in immer neuen Kombinationen abbilden.

Julian W. König ist es, der das Stück lebendig macht: Variantenreich in Haltung und Stimmführung wechselt er in Sekunden zwischen den Launen Hallers. An einer Stelle lässt er Haller müde über dem Traktat zusammensinken, nur um im nächsten Moment spöttisch als Erzähler des Traktats auf Haller hinabzuschauen. Eine Stunde lang wandelt er sich in höchster Präzision immer wieder.

Wesentlichen Anteil am Erfolg der Aufführung hat auch Thorsten Kreilos, der das Stück inszeniert hat. „Wir haben die dreihundert Seiten auf knapp 20 Seiten runtergekürzt“, erklärt der Theatermann den Schülern nach dem Stück. Und diese Seiten sind mit gutem Blick ausgewählt, bieten sie doch fast alles, was das Stück ausmacht. Auch die Kombination aus sich wandelnden Kulissenelementen und moderner Technik macht sich bezahlt, fragt man die Schüler nach dem Stück. „Es war nie langweilig. Man hat die ganze Zeit darauf gewartet, was als nächstes passiert“, erklärt eine Schülerin begeistert. Auch die Qualität des Schauspielers wird im Anschluss an die Vorstellung von vielen Schülern gelobt. Mit vielen neuen und plastischen Eindrücken zu Hesses Stück konnten diese die Vorstellung verlassen. Ganz prosaisch könnte das in rund fünf Monaten von Nutzen sein: Hesses Erzählung ist eine der „Sternchenthemen“-Lektüren für das Deutsch-Abitur.

Zurück