Wroclaw

Polnisch für Anfänger

Schüleraustausch mit Breslau überwindet Vorurteile und erweitert den kulturellen Horizont

 Ein Austausch mit einem fremden Land bietet eine wunderbare Möglichkeit seine Sprachkenntnisse zu testen und zu verbessern. Warum aber gibt es dann einen Austausch mit unserem Nachbarland Polen, obwohl hier niemand die polnische Sprache in der Schule lernt? Diese Frage drängt sich wohl bei vielen unweigerlich auf, wenn das erste Mal vom Polenaustausch des Gymnasiums am Hoptbühl mit dem Gymnazjum Nr. 7 in Wroclaw (Breslau) die Rede ist. Tatsächlich gibt es diesen Austausch unter anderem genau deswegen, weil es eine ganz spezielle Situation ist, in ein fremdes Land einzureisen, ohne sich sprachlich verständigen zu können. Die Schüler tauchen ab in eine fremde Kultur, eine fremde Familie und eine fremde Sprache. Dieser Herausforderung mit siebzehnjähriger Tradition, stellten sich vergangenes Jahr wieder 14 mutige Schülerinnen und Schüler des GaH.

Das Interesse der deutschen Schüler an diesem Erlebnis ist groß und gerne hätten wir noch mehr Hoptbühler mitgenommen, doch leider lassen die Entwicklungen in der polnischen Schulpolitik es immer weniger zu, dass wir jährlich und mit vielen Schülern einen Austausch durchführen können. Wir – vor allem aber unsere polnischen Kollegen - blicken mit Besorgnis auf die Reformen in der dortigen Schulpolitik, die noch nicht erkennen lassen, ob unsere Kollegen an ihrer sich verändernden Schule bleiben können und ob die neu geschaffene Schulform einen Austausch zukünftig überhaupt noch zulässt. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen, die uns, gerade wegen anfänglicher Skepsis und Vorurteilen, umso mehr freuen, zeigen wie gewinnbringend der Blick über den östlichen Tellerrand für die deutschen Jugendlichen ist.

Am frühen Morgen des 06. Juni 2016 fuhren wir also über Offenburg, Fulda, Berlin, Dresden und Posen mit der Bahn nach Breslau. Die 15-stündige Zugfahrt war dank diverser Spiele und lustigen Unterhaltungen kurzweilig und gegen Ende der Fahrt von Anspannung und Vorfreude auf die erste Begegnung mit ihren Austauschpartnern und deren Familien geprägt. Am Bahnhof begrüßten sich deutsche und polnische Schüler sehr herzlich und brachen dann sogleich zu ihrer ersten Nacht in der Fremde auf. Wie aufregend das Verlassen der eigenen Komfortzone für den Einzelnen war, zeigte sich beim Wiedersehen am nächsten Morgen, als sich alle vor der Gastschule wiedersahen und ein reger Austausch über die jüngsten Erfahrungen begann: "Spricht bei dir jemand Deutsch?" "Nein, nur der google-Übersetzer." "Hast du dein eigenes Zimmer?" "Ja, aber die Katze hat mich in der Nacht geweckt als sie zu mir ins Bett kam." "Wie ist dein Badezimmer?" "Super, nur leider gibt es keine Dusche." Am wichtigsten aber: „Hat deine Gastfamilie WLan?“ Dies ließ die Möglichkeit offen, seinen WhatsApp-Account zu nutzen und mit den anderen, ebenfalls mit WLan gesegneten Mitschülern, auch abends noch Kontakt zu halten. Die modernen Kommunikationsmittel steigerten so zwar den Wohlfühlcharakter des Austausches, schränkte jedoch gleichzeitig die Kommunikation mit den Austauschpartnern ein, so dass die Gemeinschaft aus Schüler beider Nationen nicht ganz so eng miteinander verwuchs wie es in der Vergangenheit schon der Fall war. Nichts desto trotz schienen alle sehr viel Spaß an den gemeinsamen Unternehmungen zu haben. Sei es auf der Bowlingbahn oder in der Schuldisco, beim Ausflug ins Riesengebirge oder beim Besuch des Wroclawer Zoos. Ein Highlight war sicherlich auch die interessante Führung durch die malerische Altstadt von Breslau die von 100 Brücken, 40 Kirchen und ca. 140 000 Studenten geprägt ist.

Kürzlich hörten wir, dass zu Weihnachten Grußkarten hin und her geschickt wurden.  Für uns ist dies ein Zeichen, dass die Woche bei unseren östlichen Nachbarn, sowie auch der Rücktausch in Villingen, ein Erfolg waren und sich die Mühe somit gelohnt hat, den Austausch mit all seinen Höhen und Tiefen erneut zu organisieren und durchzuführen. Zwischen den Kollegen beider Schulen besteht von Beginn an ein, durch den Austausch entstandenes, sehr freundschaftliches Verhältnis, was sich über die Jahre hinweg auf immer mehr teilnehmende Lehrerinnen und Lehrer ausgeweitet hat. Die Chance, den Schülern ebenfalls die Möglichkeit zu einer solchen Entwicklung geben zu können, ist eine der stärksten Triebfedern die hinter diesem tollen Austauschprogramm steht. Wir hoffen sehr, dies auch weiterhin an unsere Schüler weitergeben zu können.

Andreas Schulz-Weiling und Patricia Klausmann

 

Das sagen die Teilnehmer: 

„Es war für mich die beste Erfahrung in Klasse 8/9. In Polen waren alle sehr nett und gastfreundlich, auch wenn sie nicht so gut Deutsch oder Englisch sprechen konnten. Die Gastfamilie hatte mir sogar ein Begrüßungsplakat gebastelt und ich fühlte mich von Anfang an willkommen und wohl in der Familie.“ (Henrike, 8d)

„Es war anfangs schon eine komische Vorstellung in einem Land zu sein, dessen Sprache ich nicht spreche und mit Menschen zusammen zu wohnen, die ich nicht kenne aber diese Zweifel waren schnell verflogen […]Felix Mutter hat mir am Tag der Ankunft noch spät abends polnische Spezialitäten gekocht. Außerdem erfuhr ich von meinem Austauschpartner viel über die polnischen Gepflogenheiten beim S-Bahn fahren ohne Ticket J“ (Anja, 8b)

„Der Austausch war eine sehr schöne Zeit, die ich niemals vergessen werde, auch weil ich neue Freunde gefunden habe. Ich wünschte ich könnte den Austausch nochmal machen.“ (Leonie, 8d)

„Ich hatte in Polen mal kurz 5 Tage keine Dusche aber Deo und ein Waschbecken haben mich gerettet. Alles in allem war es mega geil.“ (Felix, 9d)

„Meine Polin konnte leider nicht so gut Englisch aber irgendwie haben wir uns trotzdem verstanden.“ (Eva, 9d)

„In Breslau war es nie langweilig, wir haben so viel gesehen. Ich habe durch den Austausch viele neue Freunde gewonnen und habe noch Kontakt zu meinem Austauschpartner.“ (Adrian, 9d)

„Was besonders aufgefallen ist, war die Freundlichkeit der Polen. Sie haben sich immer um uns gekümmert und uns immer genügend gutes Essen mitgegeben. Die Lebensumstände sind anders als bei uns in Deutschland.“ (Leonie, 8b)